Gestern Klatschen, heute Watschen

Keine Gewalt

Wie die Zeiten sich ändern…

Erinnert ihr euch noch an Mitte März 2020, als in Österreich der erste Lockdown wegen des damals noch unbekannten Coronavirus (COVID-19) ausgerufen wurde?

Ich erinnere mich sehr gut: Die Geschäfte öffneten nur unter strengen Auflagen, alle trugen Mund-Nasen-Schutz, und an jedem Eingang standen Desinfektionsmittel. In dieser Ausnahmesituation wurde uns allen bewusst, wie wichtig die Arbeit von Kassierer:innen und Verkäufer:innen ist – Menschen, die sich täglich dem Risiko aussetzten, sich bei der Arbeit durch den Kontakt mit zahlreichen Kund:innen zu infizieren.

Damals wurden sie gefeiert, beklatscht, ja beinahe heldenhaft verehrt.

Heute? Ein völlig anderes Bild.

Letzten Dienstag berichtete die ZIB1 im ORF, dass immer mehr Beschäftigte im Handel – insbesondere Kassierer:innen – zunehmend verbalen und sogar körperlichen Angriffen ausgesetzt sind. Nur einen Tag später, nach der Gemeinderatssitzung in Timelkam, wurde eine Kollegin emotional, als ich sie darauf ansprach. Sie arbeitet selbst im Supermarkt und berichtete von Beschimpfungen, Drohungen und sogar körperlicher Gewalt – sie sprach von Ohrfeigen.

Diese Erzählung erinnerte mich an eine Krankenschwester des LKH, die während der intensiven COVID-Phase nach einem langen, kräftezehrenden Arbeitstag von einer Passantin mit heißem Kaffee im Gesicht attackiert wurde – einfach so.

Und am Freitag dann erneut eine bedrückende Nachricht: Der ORF berichtete über eine Gruppe von HTL-Schülern in Vöcklabruck, die andere Jugendliche erniedrigten, beschimpften und körperlich misshandelten. Sie filmten ihre Übergriffe – und verbreiteten die Aufnahmen stolz über soziale Medien.

Ja, die wissenschaftlichen und technologischen Errungenschaften unserer Zeit bringen uns intelligente Geräte und Hochleistungscomputer. Doch gesellschaftlich, kulturell und moralisch scheint es, als bewegten wir uns rückwärts.

Kultur und Geschichte werden nicht von „denen da oben“ geschrieben – sie entstehen durch unser tägliches Handeln. Als Teil der Gesellschaft können wir entweder weiter „sudern“ und Schuldige suchen – oder Verantwortung übernehmen, gestalten, positiv wirken. Zivilisation ist ein stiller Vertrag zwischen allen Bürger:innen. Je mehr sich daran halten und mitgestalten, desto stärker und menschlicher wird unsere Gesellschaft.

Ich habe für die Kollegin und ihre KollegInnen zwei Dokumente erstellt, damit wenn die Polizei nach einem Anruf zu ihnen kommt, sicher, rechtssicher und selbstbewusst auftreten, sich nicht abwimmeln und den Tat nicht kleinreden lassen:

  1. Körperverletzung bei der Polizei anzeigen (PDF)
  2. Beleidigung oder Drohung bei der Polizei anzeigen (PDF)

Beide Dokumente dürfen von jedem unverändert heruntergeladen, und gratis verwendet und weitergegeben werden.

Hier noch weitere Erfahrungen aus erster Hand….