Er hat den Esel rasiert, aber die Wolldecke ist zu kurz geblieben!

Farid und sein Esel zuhause in einem alten Bauernhaus aus Stein im alten Persien

Wie „Form follows function“ nicht einmal ignoriert wurde…

Nach einem exquisiten Mahl in einem renommierten lokalen Restaurant, zu dem mich mein Bruder und ein Freund begleitet hatten, sehnte ich mich nach einer Tasse schwarzen Tees. Die Serviererin erschien prompt mit zwei Teebeuteln, die in luxuriös wirkenden Verpackungen präsentiert wurden, und bot mir die Wahl. Ich entschied mich für Darjeeling Schwarztee. Nach einer kurzen Wartezeit von fünf Minuten wurde der Tee serviert, doch dann folgte eine herbe Enttäuschung:

Wie trinkt man den heißen Tee ohne die Hand/Finger zu verbrennen?

Der Teelöffel, der mir gereicht wurde, war in einem „stylischen“, flachen Design gehalten, jedoch ohne jegliche Vertiefung, was ihn schwierig von der glatten Oberfläche des Tisches aufzuheben machte. Noch überraschender war die Tasse selbst: Sie war ohne Henkel gestaltet. Es war nahezu unmöglich, sie richtig in die Hand zu nehmen und daraus zu trinken, ohne sich an dem heißen Getränk zu verbrennen. Doch das eigentliche Ärgernis war der Teebeutel, der aus Kunststoff gefertigt war. Ironisch dachte ich bei mir: „Wunderbar, jetzt sind nicht nur die Aroma- und Gerbstoffe optimal extrahiert, sondern auch noch die Weichmacher aus dem Kunststoff.

Diese Erfahrung war ein Paradebeispiel dafür, wie das Streben nach einem ganz anderen neuen Stil und Modernität die Funktionalität und den Genuss grundlegender Freuden des Lebens beeinträchtigen kann.

Form follows function„, ein Prinzip, das so alt ist wie die belebte Natur selbst. Bereits vor über 2500 Jahren zeugten Löffel, wie auf den beigefügten Bildern ersichtlich, von diesem Grundsatz durch ihre praktische Vertiefung:

Diese zeitlose Weisheit spiegelt sich auch in der Geschichte wider, die zum Entstehen des persischen Sprichworts über den Esel und die zu kurz geratene Decke führte. Dieses Sprichwort illustriert eindrucksvoll, wie essentiell die Berücksichtigung von Funktionalität in jedem Design und jeder Schöpfung ist – ein Leitgedanke, der sich durch die gesamte Geschichte der Menschheit zieht.


Die Geschichte zu dem persischen Sprichwort im Titel dieses Postings

In einer kalten Winternacht, als der Wind durch die engen Gassen der alten Stadt pfiff und die Sterne am klaren Himmel funkelten, lebte ein einfacher Mann namens Farid. Farid besaß wenig, doch sein größter Schatz war ein treuer Esel, der ihm bei der täglichen Arbeit half und sein stetiger Begleiter war.

In dieser besonderen Nacht, als der Frost durch die Ritzen seines bescheidenen Heims kroch, fand Farid keinen Frieden im Schlaf. Sein Bett, nur spärlich mit Stroh bedeckt, bot kaum Schutz vor der klirrenden Kälte. Er dachte nach und nach an seinen treuen Esel, dessen dichtes Fell ihm selbst in den kältesten Nächten Wärme bot.

Ein Gedanke keimte in Farids Geist, funkelnd wie ein Stern in der dunklen Nacht. „Warum nicht,“ dachte er, „das Fell meines Esels nutzen, um eine warme Decke zu weben?“ Mit dieser Idee, die in seinem Herzen brannte, ging er hinaus in den Stall und begann, vorsichtig das Fell seines Esels zu scheren.

Stunde um Stunde arbeitete er, bis der erste Schein des Morgengrauens den Himmel erhellte. Mit müden Händen und einem Haufen Eselhaar begann er, seine neue Decke zu weben. Doch als er endlich sein Werk vollendet hatte, wurde ihm eine bittere Wahrheit offenbart: Die Decke war viel zu klein, kaum genug, um seine Füße zu wärmen.

Nun saß Farid da, in einer Ecke seines kalten Zimmers, mit einer nutzlosen Decke und einem frierenden Esel. In dieser Nacht lernte er eine wertvolle Lektion über das Leben: Manchmal kann der Versuch, das Unbehagen des Augenblicks zu lindern, zu einem größeren Leid in der Zukunft führen. Und so erzählen die Menschen noch heute die Geschichte von Farid und seinem Esel, als eine Erinnerung daran, dass nicht alle gut gemeinten Taten zum ersehnten Ergebnis führen.