Die berühmte „Was-wäre-wenn…?“-Frage – Der Schlüssel zur soliden Software-Architektur

Wie ich bereits in einem früheren Artike (oder auch hier) erwähnt habe, beginnen die wichtigsten Fragen in der Software-Architektur mit „Was wäre, wenn…?“. Wird eine dieser Fragen übergangen oder vorschnell beantwortet, ohne gründlich darüber nachzudenken, darf man sich später nicht wundern, wenn bereits kleine Änderungen – etwa ein neues Feature oder eine Kundenanpassung – mühsame und kostspielige Anpassungen an unzähligen Stellen im Code nach sich ziehen.

Plötzlich müssen Methoden geändert, Signaturen angepasst und Rückgabewerte modifiziert werden. Ganze Datentypen, inklusive ihrer Eigenschaften, Methoden und Events, müssen umgestaltet werden. Dadurch verlieren bestehende Unit-Tests ihre Gültigkeit, müssen umgeschrieben oder gar entfernt werden. Noch schlimmer: Neue Unit-Tests passen oft nicht mehr nahtlos in das ursprünglich durchdachte Konzept.

Das TDD-Paradigma, kann hier paradoxerweise zu Problemen führen. Denn wenn die Architektur bereits auf wackligen Beinen steht, entstehen „Risse“ nicht nur im Code, sondern auch in der Benutzerführung – spürbar durch inkonsistente Steuerung oder unerwartetes Verhalten der Oberfläche bei Desktop-Anwendungen und Mobile-Apps.


Flexibilität: Was sich immer ändern wird

Manche Dinge ändern sich zwangsläufig – und sollten daher von vornherein leicht konfigurierbar oder erweiterbar sein:

  • Theme, Look & Feel – weil sich Design-Standards weiterentwickeln.
  • Sprachunterstützung – denn neue Märkte bedeuten neue Anforderungen.
  • Datenexport – weil Kunden irgendwann ein anderes Format benötigen.
  • Diagramme und Reports – da sich Analyse- und Visualisierungsanforderungen ändern.
  • Kommunikation mit Schnittstellen und Protokollen – weil neue Technologien und Standards entstehen.

Unwahrscheinliche Änderungen? Vielleicht doch nicht!

Dann gibt es Dinge, bei denen man glaubt, sie würden nie oder nur in den seltensten Fällen geändert werden – und doch geschieht es irgendwann:

  • Der Kunde will Produktionsdaten in einer exotischen Datenbank oder einem speziellen Dateiformat speichern.
  • Eine „unbedeutende“ Zahl soll plötzlich auf dem Bildschirm angezeigt oder eine neue Konfigurationsmöglichkeit für die Nachtschicht integriert werden.
  • Eine günstigere SPS oder Industrie-Kamera eines unbekannten Herstellers muss eingebunden werden – leider nicht ganz standardkonform.

Ob, wann und wie solche Änderungen kommen, ist nur eine Frage der Zeit.


Architektur ist wie Schach – erst denken, dann ziehen!

Ein guter Software-Architekt verhält sich wie ein professioneller Schachspieler: Er nimmt sich Zeit für das Vorausdenken, prüft verschiedene Szenarien und fragt sich „Was wäre, wenn…?“, bevor er zur Tastatur greift.

Denn grobe Architekturfehler verhalten sich wie unbedachte Züge im Schach: Ein frühzeitiger Fehlgriff kann zum Schachmatt führen – oder die gesamte Strategie unnötig kompliziert und mühselig machen. Einmal falsch platziert, steht die Figur im Weg und macht jede weitere Planung schwieriger.

Besser also, man nimmt sich die Zeit für eine durchdachte Architektur – bevor man sich später durch einen Flickenteppich aus Workarounds kämpft.

Navigationsstrategien für den Erfolg: Von Autobahnstau zu Badestränden – Irrwege frühzeitig erkennen, bevor sie richtig kostspielig werden

Fehlentscheidungen und Entwicklungsfehler in einem Unternehmen oder Projekt lassen sich metaphorisch mit dem Verpassen einer Autobahnabfahrt oder dem falschen Abbiegen in einer unbekannten Großstadt vergleichen.

Frühzeitige Erkennung und konsequentes Handeln bei Fehlern, Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen in Konzepten, Produkten, Projekten oder sogar bei der Unternehmensexpansion führen zu geringeren Kosten und einem reduzierten Zeitaufwand für die erforderliche Korrektur.

Wenn man stur weiterfährt und dabei alle Warnsignale herunterspielt und ignoriert, sollte man sich nicht verwundern, wenn man mitten in der Nacht mit leerem Tank an einem abgelegenen Ort ohne zivilisatorische Einrichtungen und Mobilfunkempfang feststeckt.

Die unnötig verstrichene Fahrzeit, der verpasste Sonnenschein und die Kosten für den verschwendeten Kraftstoff hätten stattdessen an einem malerischen Badestrand genossen werden können, hätte man sich lediglich die Zeit genommen, kurz anzuhalten und einen Ortskundigen nach dem Weg zu fragen.

Es mag möglich sein, die exponentiell steigenden Kosten im Verhältnis zur vergangenen Zeit zu bewältigen, JEDOCH…

  1. Kann die Komplexität dieser Herausforderungen ebenso erfolgreich gemeistert werden?
  2. Müssen die Modernisierung des Unternehmens und die Innovation der Produkte aufgeschoben werden?
  3. Ruhen die Mitbewerber in Mitleid oder machen sie weiterhin Fortschritte?

Dimensionierung und Planung von Software und Fußgängerbrücken

Software:
Am Anfang heißt es immer: „… ein kleines und sehr einfaches Programm…“, und dann fallen ähnliche Sätze wie „…ein Drei-Zeilen-Programm…“ sowie „… keine eye candies…“.

Mitten in Entwicklung, und oft gar gegen Ende heißt es dann: „… wir brauchen schon Benutzerverwaltung…“, und „… man sollte schon arabische und hebräische Texte von rechts nach links darstellen können…“, sowie „… naja auf Mac OSX muss es auch laufen…“ und nicht zu vergessen „… man soll ganz einfach das Datenbank-System auswechseln können…“ sowie „…. Daten von X ins Y migrieren können…“ aber auch „… über Internet Reports abrufen können…“ und eine Selbstverständlichkeit heißt es dann „… die Daten müssen auch in AAA, BBB, …, CSV, XML, JSON, …, ZZZ und 1000 andere Formate exportiert werden können..“ usw. usf.

Fußgängerbrücke:
Ich habe ehrlich gesagt absolut keine Ahnung, was am Anfang bei der Planung von Fußgängerbrücken verlangt und gesagt wird… aber einiges weiß ich mit Bestimmtheit:
Bei oder nach der Fertigstellung von Fußgängerbrücken heißt es nie:

  • Wir hätten gerne die Fußgängerbrücke 30 km weiter südlich!
  • Auf der Fußgängerbrücke sollten auch Radfahrer fahren können.
  • Die Fußgängerbrücke sollte schon 2 Spuren für Fahrzeuge pro Richtung haben!
  • Für jede Richtung sollte es schon einen Pannenstreifen geben!
  • Bitte baut die Fußgängerbrücke etwas breiter und baut Schienen für die Bahn dazu!
  • 1000 vollbeladene LKWs und Sattelschlepper sollten schon täglich mit 100 km/h darüber fahren können!
  • Man sollte schon pro Fahrspur eine Autoschranke haben, um Autobahnmaut zu kassieren!

Das ist keine Fußgängerbrücke mehr, sondern eine große Autobahnbrücke mit weißGottWasWeißIchAllesNoch!

Kann es sein, dass manche Kosten mit Komplexität verwechseln?

Belastung-Tests von Software und Autobahnbrücken

Software:
Man zwingt einen Mitarbeiter, eine Zeit lang mit einer Anwendung zu spielen. Ohne Ziel und Plan einfach herumklicken. Wenn die Anwendung nicht abstürzt und/oder keine Fehlermeldung kommt, dann gilt die Anwendung als „getestet“.

Autobahnbrücke:
Man hat noch nie eine Autobahnbrücke als belastbar freigegeben, nur weil ein Fußgänger oder Radfahrer darüber gegangen oder gefahren ist.

Stabilität-Tests von Software und Autobahnbrücken

Software:
Man startet das Programm und lässt es durchgehend laufen, ohne dass jemand damit irgendwas Gezieltes und Intensives nach Logik und Plan tut. Da das Programm, nach ein paar Tagen, Wochen, Monate immer noch läuft, wird es als Stabil gestuft.

Autobahnbrücke: nur weil eine Autobahn nach der Fertigung, immer noch ein paar Wochen steht, wird sie nicht als stabil gestuft!

Tunnel-Projekt vs. Software-Projekt

Bitte korrigiert mich, falls ich mich irre, oder es nicht mitbekommen habe….

Ich habe noch nie gelesen oder gehört, dass nachdem ein Tunnel fertig gebaut wurde, oder mitten im Bau, irgendwelche Leute gekommen wären und gesagt hätten, die hätten sich umentschieden, der Tunnel soll in einem anderen Berg gebohrt werden, oder er soll Norden und Süden statt Ost und West verbinden.

Bei Software-Projekte… (Der/Die Leser/Leserin möge sich selbst das Ende ausdenken! Anm. d. R.)

Sauberkeit und Ordnung

Wie ich in meinem vorigen Beitrag geschrieben habe, habe ich an manchen Sommerferien, als Elektriker auf Baustellen, mein Taschengeld zum Ausgeben für Computerteile & Peripheriegeräte, aufgebessert.

Dabei müssten alle auf der Baustelle, also die Elektriker, Maurer, Installateure, Dachdecker usw., am Ende des Tages ihre Werkzeuge reinigen und ordentlich verstauen, die Materialien genauso… und am Ende mit dem Besen kehren.
Warum?

  1. Effizienz-Steigerung & Wirtschaftlichkeit I: man muss weniger/kaum nach Werkzeug/Materialien suchen, da alles an seinem Platz ist
  2. Effizienz-Steigerung & Wirtschaftlichkeit II: mehr Firmen können gleichzeitig/parallel arbeiten, da mehr Platz zur Verfügung steht
  3. Effizienz-Steigerung & Wirtschaftlichkeit III: man muss auf bestellte Materialien nicht warten, da der Mangel dieser, rechtzeitig erkannt und früh genug vorbestellt wird
  4. Unfall-Vermeidung: man kann nicht über nichts stolpern!
  5. Fehler und Mängel werden früher erkannt und beseitigt

Bei Softwareprojekte jedoch, so scheint es mir, sind Dinge wie Effizienz, Wirtschaftlichkeit, Qualität und Nachhaltigkeit keine erstrebenswerten Merkmale.

Wie sonst kann man folgendes erklären: Man sieht den Groschen, aber nicht den 500 € Schein?

Aufräumen von Code (+ Kommentare und Dokumentation, falls diese überhaupt existieren)?

Wozu? Es funktioniert ja eh! (bis es dann ordentlich kracht)

Vorsorgliche, langfristig-geplante, nachhaltige, gute Software-Architektur und -Management schaut anders aus!

Pläne & Planung

Als Student, während Sommerferien, arbeitete ich manchmal als Elektriker auf Baustellen, und erledigte die Aufgaben die man mir auftrug:
mit Schlagbohrer Löcher für Steckdosen und Schalter in die Mauer bohren, Büchsen für Schalter- und Steckdosen mit Elektriker-Gips in diese Löcher befestigen, Kabel verlegen/ziehen,… und zum Schluß die Steckdosen, Schalter und Verteilerkasten mit Drähte/Kabel verbinden, und am Ende das Ganze Testen.

Auf jede Baustelle gab man mir (als Elektriker) einen Plan in die Hand.

In diese konnte ich auf einem Blick sehen und lesen:

  • wo,
  • wie viele und
  • wie hoch die Steckdose eingebaut werden müssten
  • wo der Kabel-TV-Anschluss war
  • wo der Telefon-Anschluss
  • welche Steckdosen und Lampen hingen an welche Sicherung (Fehlerstromschutzschalter)
  • wie groß/stark sollte die Sicherung dimensioniert sein
  • wie stark (Querschnitt) die Drähte und Kabel

und so weiter.

Die Installateure, die Maurer, die Dachdecker… kurz: alle anderen sind auch ständig mit ihre Pläne herumgelaufen, schauten immer wieder gemeinsam darein, diskutierten miteinander darüber, und machten nach Plan weiter.

Obwohl trivial, doch ich möchte und muss hier erwähnen, dass Kabel, Steckdosen, Schalter, Sicherungen und Verteilerkasten materielle, also sichtbare und greifbare Dinge sind.

Als Softwareentwickler, werde ich meinen Wunsch, einen UML-Diagramm zu erhalten, mit ins Grab nehmen!