Warum eure Software mehr Personal frisst als Weihnachtskekse 🍪💻

Oder: Was Omas, Stanzmaschinen und LEGO euch über Software-Entwicklung beibringen können

Es gibt Firmen, die seit Jahrzehnten die gleichen Produkte, Maschinen oder Anlagen herstellen – und dafür Software benötigen. Seit Jahrzehnten beschäftigen sie Software-Entwickler. Und jedes Jahr brauchen sie mehr davon: mehr Entwickler, mehr Architekten, mehr Projektleiter. Die Kosten steigen, die Teams wachsen.

Und doch fragt sich niemand:
👉 „Warum ist das so?“
👉 „Warum geben wir jedes Jahr mehr für Software aus?“

Vielleicht helfen ein paar Vergleiche …


Die Wirtschaftlichkeit hausgemachter Weihnachtskekse 🎄🍪

Stell dir Oma beim Keksebacken vor:

  • Holt sie jedes Jahr neue Keksformen? Nein.
  • Braucht sie immer mehr Ausstecher, um dieselben Vanillekipferl zu machen? Natürlich nicht.

Die Formen halten jahrelang – und die Rezepte sowieso.


Die Wirtschaftlichkeit der Stanzmaschinen 🏭🔩

Es gibt Firmen, die Blech stanzen. Sie kaufen sich einmal Stanzmaschinen, die jahrzehntelang laufen.
Nur die Formen (die Werkzeuge) werden ab und zu getauscht – je nach Auftrag oder Abnutzung.

Keiner käme auf die Idee, die ganze Maschine jedes Jahr wegzuschmeißen.


LEGO® und die Kunst der Wiederverwendung 🧱✨

LEGO® bringt ständig neue Sets heraus – Raumschiffe, Schlösser, Dinosaurier, super geile Kampfroboter mit Laser, Phaser und Chat GPT 😉. Aber die meisten Steine sind seit Jahrzehnten gleich: Noppen oben, Löcher unten.

Die Maschinen, die die Steine spritzen, laufen jahrzehntelang. Sie werden nur ersetzt, wenn Automatisierung, Energieeffizienz oder Industrie-4.0-Spielereien echte Vorteile bringen.


Fazit 🤔

Liebe Firmen,
wenn ihr seit Jahrzehnten Software entwickelt und trotzdem jedes Jahr mehr Entwickler braucht, dann stellt euch bitte mal die Frage: Warum?

Vielleicht liegt’s daran, dass eure Software gar nicht so soft ist.
Vielleicht ist sie eher wie Hardware: starr, schwerfällig und unflexibel.

Und wenn das so ist … dann wundert euch bitte nicht, dass die Personalkosten explodieren. 😉

Technologie ohne Verantwortung: Warum IT-Systeme oft an der Realität scheitern

Von Ignoranz, Gleichgültigkeit und Sorglosigkeit

Am vergangenen Montag, zwei Wochen nach meiner Knieoperation, begab ich mich zur vorgeschriebenen Nachuntersuchung in den großen Warteraum der Unfallabteilung des Landeskrankenhauses Vöcklabruck.

Dort traf ich überraschend meinen ehemaligen Bettnachbarn wieder – einen sympathischen Kollegen, der wie ich am Montag, den 24. Februar, frühmorgens um 6:00 Uhr zur OP aufgenommen wurde. Während ich am Knie operiert wurde, hatte er einen Eingriff am Ellbogen hinter sich. Da wir beide seit Jahrzehnten im Bereich Software-Engineering und -Development tätig sind, kamen wir schnell ins Gespräch.

Nach dem üblichen „Hallo! Wie geht’s?“ und einem kurzen Austausch über unser jeweiliges Befinden fiel mein Blick auf einen Fernseher im Warteraum, der eigentlich als „Digital Signage“-System zur Anzeige von Informationen für Patienten dienen sollte. Doch was ich sah, war ernüchternd:

Fernseher zeigt nach über 14 Tagen immer noch das Standbild

Seit mindestens zwei Wochen (24/7) zeigte dieses teure, stromfressende Gerät nichts weiter als ein eingefrorenes PowerPoint-Fenster – ohne jegliche Information, ohne Funktion. Es schien niemandem aufgefallen zu sein oder, was noch wahrscheinlicher ist, es war schlichtweg niemandem wichtig genug, das Problem zu beheben. Wurde das System gehackt oder vergaß ein IT-Service-Mitarbeiter seine Präsentation zu speichern? Vielleicht versagte irgend ein Update und das Betriebssystem steckte fest?

Ich machte meinen ehemaligen Bettnachbarn darauf aufmerksam und äußerte meine Bedenken hinsichtlich der IT-Sicherheit in der Gesundheitsbranche. Wenn schon solch einfache Systeme über Wochen hinweg unbeachtet bleiben, wie steht es dann um den Schutz sensibler Gesundheitsdaten in der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA)?

Seine Reaktion war bezeichnend: Mit einem Achselzucken und einem amüsierten Lächeln meinte er nur:
„Ja, das kann passieren. Die Systeme sind heutzutage so kompliziert. Da geht ständig irgendwo irgendwas schief.“

Seine Gleichgültigkeit überraschte mich nicht – es war nicht das erste Mal, dass ich auf eine solche Haltung in der IT-Branche gestoßen bin. Probleme werden oft mit einer Mischung aus Resignation und Beschwichtigung abgetan, anstatt Verantwortung zu übernehmen. Fachliche Defizite, mangelndes Interesse, fehlende Leidenschaft oder schlichtweg Unfähigkeit werden hinter einem Mantel aus „Verständnis“ und „Toleranz“ versteckt.

Kein Wunder! Das Motto „Fake it until you make it!“ ist längst zur Grundphilosophie der IT-Industrie geworden. Hauptsache, die Vertriebsabteilungen verkaufen mit geschliffener NLP-Rhetorik und Buzzword-Bingo Dinge, die entweder nicht existieren oder nicht das halten, was sie versprechen.

In der IT-Branche – und nicht nur dort – erinnert das zunehmend an das Schauspiel, das der Politikanalytiker und Publizist Paul Lendvai in seiner Analyse über moderne Politik in Österreich und Europa (Buch) treffend beschreibt: Heuchelei! Alles nur Inszenierung! Dank perfektionierter Verkaufsrhetorik und NLP werden unausgereifte Produkte als „kritische Infrastruktur“ vermarktet, ohne dass dahinter ein echtes Verantwortungsbewusstsein steckt. Der Begriff dient als Werbeslogan, nicht als Verpflichtung.

Doch solange sich niemand daran stört, bleibt alles beim Alten. Und so läuft das Digital Signage im Krankenhaus wohl auch noch nächste Woche mit seinem eingefrorenen PowerPoint-Fenster – bis irgendwann jemand den Stecker zieht.

Diese sorglose Gleichgültigkeit und Verantwortungslosigkeit erinnerte mich an das Verhalten des iranischen Regimes vor einigen Jahren, als ein verheerendes Erdbeben die Osttürkei und die nordwestliche Region Irans, insbesondere Aserbaidschan, erschütterte. Tausende Menschen wurden unter den Trümmern begraben, und die Zerstörung war immens.

Während türkische Rettungskräfte auch nach zehn Tagen noch unermüdlich nach Überlebenden suchten – und tatsächlich noch Lebende fanden –, erklärte das iranische Regime bereits nach nur 24 Stunden das Ende der Such- und Rettungsmaßnahmen. Die offizielle Begründung: „Es gibt keine Überlebenden mehr.“ Eine Aussage, die umso zynischer war, da es nie eine ernsthafte Suche gegeben hatte. Offizielle Hilfskräfte blieben aus, die Regierung ließ die betroffenen Menschen schlichtweg im Stich. Diese wohnen teilweise immer noch in Plastikzelten ohne jegliche Infrastruktur! Es waren die Einheimischen und freiwillige Helfer, die unter widrigsten Bedingungen versuchten, Leben zu retten. Zwei benachbarte „islamische“ Länder – aber zwei völlig unterschiedliche Haltungen, wenn es um Verantwortung und Pflichtbewusstsein geht.

Und bei Softwaresystemen ist es nicht anders. Ob wir verlässliche, robuste Systeme haben oder uns in einer endlosen Baustelle voller Mängel und Sicherheitslücken wiederfinden, hängt letztlich von der Einstellung der Entscheidungsträger, Entwickler und Konsumenten ab.

Gerade in einer Zeit, in der politische Unwägbarkeiten wie Trumps erratische Entscheidungen langjährige Freundschaften und Partnerschaften aufkündigen, in der Cyberkriminalität floriert und Betrug im Internet dank künstlicher Intelligenz raffinierter denn je ist, wäre es umso wichtiger, Verantwortung zu übernehmen.

Doch bei österreichischen IT-Systemen braucht es weder staatlich organisierte Profi-Hacker noch raffinierte Script-Kiddies, um Schwachstellen auszunutzen. Denn wenn es allen egal ist, braucht man keine Feinde – der Schaden entsteht von selbst.

Digitalisierung durch FAX-Verbot?

Das einzige was noch funktionierte (Patienten-Befund-Weitergabe durch Faxgeräte) wurde nun auch engültig verboten, damit das Gesundheitssystem in Niederösterreich endgültig zusammenbricht.

Anstatt dafür zu sorgen das die digitale Kommunikationssysteme funktionieren, verbietet man eine altmodische Technologie, die sowieso kaum mehr jemand privat oder beruflich verwendet.

Wann werden endlich Rauchzeichen und Fackel verboten?

Digitalisierung mit Papier und Brief per Post

Halbe Arbeit produziert halbes Produkt

TL;DR: Wenn man Prozesse weder aus der Perspektive der Kunden betrachtet noch konsequent zu Ende denkt, entstehen halbfertige Lösungen.


Neulich erhielt ich als Kunde der ÖBB und Besitzer einer Vorteilscard 66 eine E-Mail mit folgendem Inhalt (das Bild zeigt die zweite E-Mail, welche am 2. Dez. nochmal gesendet wurde):

Zusätzlich wurde in der E-Mail die neue Vorteilscard Comfort beworben.

Einladend prangte dort eine rote Schaltfläche: „Jetzt umsteigen.“
Also klickte ich drauf und entschied mich für die supermoderne Vorteilscard Comfort.

Nach Abschluss des Vorgangs erhielt ich eine Bestätigungs-E-Mail samt Rechnung. Doch beim Überprüfen stellte ich fest, dass die neue Karte nicht ab dem 4. Dezember 2024 – dem Tag nach Ablauf meiner aktuellen Karte – gültig war, sondern ab dem 27. November 2024!

Unter „Verlängern“ stelle ich mir etwas anderes vor als die ÖBB offenbar.


Ein Anruf bei der Hotline

Verwirrt griff ich zum Telefon und wählte die ÖBB-Hotline. Nach einiger Wartezeit meldete sich eine Dame, die offenbar mit etwas anderem beschäftigt war – ihre Antworten kamen stets erst nach langen, stillen Pausen von mindestens 15 Sekunden.

Ich schilderte ihr mein Problem und bat darum, die Gültigkeit der neuen Karte erst ab dem 4. Dezember zu setzen, um die Überschneidung zu vermeiden. Zwei Vorteilskarten zur gleichen Zeit zu haben bringt schließlich keinerlei zusätzlichen Nutzen.

Die Mitarbeiterin hörte sich mein Anliegen an und begann nach einer Lösung zu suchen – erneut mit langen Pausen zwischen ihren Rückmeldungen. Schließlich kam die ernüchternde Antwort:

„Nein, das geht nicht!“


Die Offenbarung: Verlängern per Brief

Etwas irritiert fragte ich nach: „Ich bin doch sicher nicht der erste Kunde mit diesem Problem. Das muss doch schon einmal vorgekommen sein, oder?“

Ihre Antwort lautete: „Nein, ich kann mich an keinen ähnlichen Fall erinnern.“

Also fragte ich weiter: „Wie verlängern die anderen ÖBB-Kunden denn ihre Vorteilskarten?“

Und hier kam die erstaunliche Antwort prompt:

„Per Brief! Alle Vorteilscard-Besitzer erhalten automatisch einen Erinnerungsbrief per Post mit einem Formular zur Verlängerung.“


Lösungsvorschlag: Zurück zur analogen Welt

Da ich die Gültigkeit der neuen Karte nicht ändern lassen konnte, fragte ich, was ich nun tun könne. Ihre Empfehlung war:
„Sie können den neuen Vertrag annullieren und das Formular, das Sie per Post erhalten haben, ausgefüllt an uns zurücksenden.“


Fazit: Digitalisierung, aber bitte nicht zu viel

Und das in einem Land, in dem ständig von Digitalisierung, künstlicher Intelligenz und anderen technologischen Fortschritten die Rede ist.

Willkommen in der zerbrochenen (digitalen) Welt – by design!