Verborgene Kosten des Erfolgs: Tamagotchis und ihre verlorene Schätze

Mitte bis Ende der 1990er-Jahre schwappte eine gewaltige Welle bunter Kunststoffgeräte aus Japan nach Europa und in die restliche Welt: die Tamagotchis. Diese kleinen, eiförmigen Geräte bestanden aus Kunststoff, Edelmetallen und seltenen Erden. Sie entwickelten sich rasch zu einem allgegenwärtigen Phänomen, unterstützt durch intensive Werbung rund um die Uhr. Technisch betrachtet waren diese Geräte nicht viel mehr als digitale Uhren mit einem größeren LCD-Display. Dennoch raubten sie vielen Kindern Zeit für Hausaufgaben und beeinträchtigten ihre Konzentration in der Schule. Für Eltern bedeutete dies zusätzliche Ausgaben, da die digitalen „Haustiere“ oft unerwartet „starben“ und entweder nicht zurückgesetzt werden konnten oder die Kinder mehrere Geräte sammelten.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie Menschen, insbesondere Frauen jenseits des jugendlichen Alters, ihre Tamagotchis um den Hals trugen und in Diskotheken zu Euro-Dance-Klängen tanzten. Gesprächsthemen drehten sich nicht mehr um das Wetter, sondern um das Alter der Tamagotchis und wie viele weitere man zu Hause hatte.

Während meines Studiums erzählte mir ein Freund, dass die Idee ursprünglich von einer Kunststudentin aus Japan stammte, die mit dem Tamagotchi als Kunstprodukt beweisen wollte, dass Kunst auch ein wirtschaftliches Produkt sein kann. Ob dies vollständig oder teilweise der Wahrheit entspricht, sei dahingestellt.

Was mich jedoch bis heute ärgert und verzweifeln lässt, ist die Tatsache, dass keines dieser über 80 Millionen verkauften Geräte recycelt wurde. Diese Geräte landeten einfach auf Mülldeponien oder wurden verbrannt. Die enthaltenen Knopfzellenbatterien, LCD-Displays, CPUs, ICs, Kondensatoren und Leiterbahnen, gefertigt aus Materialien wie Tantal, Kobalt, Mangan, Lithium, Silber, Gold und verschiedenen Kunststoffen, wurden somit nicht wiederverwertet. Darüber habe ich bis heute noch nie einen Artikel gelesen oder eine Dokumentation im Fernsehen gesehen. Anscheinend hat der wirtschaftliche Erfolg in kapitalistischen Systemen eine derart hohe Relevanz, dass die wahren Kosten und Zerstörungen nicht einmal erwähnt werden.

Der Erfolg gibt recht, ohne jegliche Pflichten, auf Kosten der Umwelt. Die globale Entfesselung der turbokapitalistischen Märkte lässt weiterhin grüßen.

Gewidmet an J.B.M. (Eine Erinnerung an unsere Konversation in 2004/2005, ob Kunst verkäuflich ist oder nicht ^^ )