Unsichtbare grafische Benutzerschnittstellen

Normalerweise sind verfügbare UIs sichtbar und einfach zu bedienen. Das heißt:

  1. Man sieht sie deutlich und erkennt um welche UI es sich handelt (kein Röntgenblick oder Telepathie notwendig!) und somit welche Funktion diese hat
  2. Die Bedienung bzw. das Betätigen der UI verlangt weder Nerven aus Stahl noch höchste Konzentration und Nanometer-Arbeit (Catch-me-if-you-can-Spiel mit dem Mauszeiger)
Finde den horizontalen Scroller!
Falls man zufällig den Mauszeiger in der Nähe bewegt, scheint eine sehr dünne und nichts-sagende Linie
Konzentration bitte! Amazon könnte sich einen vertikal breiteren Scroller – wegen zu höhe Pixel-Preise – nicht leisten :-/

Warum macht ihr das? Wo bleibt der Sinn eures Handelns? Teil 3: Buchdruck & Weiß auf Schwarz???

Farbdrucker, weiße Tinte und blaue Wunder – Eine Geschichte aus der guten alten PC-Welt

Ende der 90er-Jahre, in einer Ära vor Smartphones und Social Media, war das Linzer Nachtleben eine einfache, aber ehrliche Sache: Ein kühles Bier, laute Musik und eine gute Story, die die Runde machte. In dieser Zeit lernte ich im legendären Rock-Lokal Ostbahn Max kennen.

Max war ein wandelndes Klischee – aber auf die bestmögliche Weise. Lange schwarze Haare, komplett in Schwarz gekleidet und mit einem Humor, der tiefgründiger war als jedes Doom-Metal-Lied. Neben seiner Karriere als inoffizieller Botschafter der Schwermetall-Gemeinschaft hatte er einen festen Job bei Vobis im Uno Shopping. Dort war er quasi der PC-Guru: Zusammenbauen, Reparieren und Hotline-Kollegen beruhigen, die kurz davor waren, ihren Telefonhörer gegen die Wand zu werfen.

Jedes Mal, wenn wir uns im Ostbahn trafen, hatte Max eine neue, absurde Geschichte aus seiner Hotline-Zeit parat. Aber eine davon überstrahlt alle anderen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Die alte Dame und der Drucker, der kein Weiß mochte

Eines Tages erhielt die Vobis-Hotline einen Anruf von einer älteren Dame. Ihr Problem klang zunächst simpel: Ihr neuer Farbdrucker druckte partout nicht in Weiß. Ja, weiß. Max versuchte höflich zu erklären, dass Drucker keine weiße Tinte nutzen, weil Papier in der Regel – Überraschung – weiß ist. Aber die Dame ließ nicht locker.

Und so begann eine epische Hotline-Sitzung. Stundenlang wurde versucht, den Drucker zum „Weißen“ zu bringen. Es wurden Treiber neu installiert, Windows 98 neu gestartet (und wer Windows 98 kennt, weiß, dass das eine spirituelle Prüfung sein konnte), und selbst die berühmte „Plug-and-Play“-Magie blieb aus. Die Hotline-Mitarbeiter kapitulierten schließlich und baten die Dame, den Drucker direkt ins Geschäft zu bringen.

Der große Showdown in Pasching

Am nächsten Tag betrat die Dame das Vobis-Geschäft in Pasching mit ihrem Drucker in der Hand und wurde direkt zu Max und seinem Team geschickt. Max, professionell wie immer, packte den Drucker aus, schloss ihn an und wollte gerade Papier suchen, als die Dame ihn mit den Worten stoppte:

„Moment bitte! Ich habe Papier mitgebracht.“

Was für eine vorbildliche Kundin, dachte Max – bis er genauer hinsah. Sie hielt einen perfekt sortierten Stapel blauer A4-Blätter in den Händen.

Blaue Blätter. Kein Weiß weit und breit.

Plötzlich ergab alles Sinn. Der Drucker konnte nicht in Weiß drucken, weil er auf Blau schlicht keine weiße Tinte „zaubern“ konnte. Max musste sich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Stattdessen erklärte er der Dame geduldig, dass Drucker für diese Art von „Magie“ leider nicht gebaut seien.

Und was lernen wir daraus?

Manchmal, wenn ich an diese Geschichte denke, frage ich mich: Wie oft versuchen wir, in unserem Alltag etwas „Weißes“ auf „Blaue Blätter“ zu drucken? Wie oft übersehen wir, dass der eigentliche Fehler nicht in der Technik liegt, sondern darin, wie wir die Welt wahrnehmen?

Rückblickend hat diese Anekdote für mich etwas Nostalgisches und auch Lehrreiches. Sie erinnert mich daran, dass Technik oft missverstanden wird – und dass ein bisschen Humor dabei hilft, den Frust zu überwinden.

Übrigens: Kürzlich, als ich auf der Suche nach einigen Screenshots war, fand ich Fotos, die ich 2020 von einem Buch gemacht hatte, das ich bei Amazon gekauft hatte. Und da fiel mir die Geschichte mit der alten Dame wieder ein. Warum? Weil in diesem Buch mehrere Seiten komplett schwarz gedruckt waren – mit weißem Text. Es war, als hätte jemand die alte Dame in die heutige Zeit gebeamt. Und ich musste laut lachen, weil ich plötzlich dachte: Vielleicht hatte sie einfach nur den falschen Drucker für ihre blauen Blätter.


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UI-/UX-Extension mit Papier und Klebeband

In meinen früheren Beiträgen habe ich bereits Beispiele präsentiert – wie in „Wenn Software starr statt flexibel ist“ und „Der Mensch als Randnotiz“ –, die eindrucksvoll zeigen, wie der Designmangel von Hardware oder Software vor Ort improvisiert korrigiert wurde. Oft kamen dabei einfache Mittel wie Papier, Klebeband oder Buntstifte zum Einsatz, um unzureichende Funktionen zu kompensieren oder die Nutzung zu erleichtern.

In diesem Fall scheint die Bezeichnung einer Schaltfläche so unklar gewählt zu sein, dass sie die Kunden zunächst zum Nachdenken und schließlich direkt zum Schalter führte, um dort Fragen zu stellen oder Hilfe zu erhalten. Ironischerweise wurden diese Automaten eigentlich eingeführt, um das Personal zu entlasten.

Wie ich bereits auf der Seite User Experience (UX) unter dem Abschnitt „Grundprinzip von UX: Eliminierung der Fragezeichen“ erläutert habe, sollte ein Benutzer niemals rätseln müssen, welche Funktion eine Schaltfläche hat oder wohin ein Klick ihn führt. Weiter unten findet sich eine Liste mit negativen Beispielen unter dem Titel Beispiele für Dinge, die den User zum Nachdenken zwingen.

Broken by Design; Nutzerferne Technik: Wenn Technik/Design entfremdet

Wir verfügen über Laser, Phaser, Super-Computer, Internt der Dinge, künstliche Intelligenz àla Chat GPT und die Fähigkeit, Pathfinder, Rover und den Ingenuity Mars Helicopter tausende Meilen entfernt auf dem roten Planeten fernzusteuern.

Doch anscheinend stehen wir vor einer schier unüberwindbaren Herausforderung, wenn es darum geht, einen einfachen Küchenlüfter im Erdgeschoss auf der Erde zu kontrollieren!

Architektur- und Elektrotechnik-Studium + modernste Technik ohne Hausverstand = Kochlöffel als Fernbedienung!

Vom Traum zur Technik-Albtraum: Eine Ode an die User Experience in meiner Elternschaft

Jeder, der schon einmal den grenzenlosen Enthusiasmus erlebt hat, der mit dem Einzug in eine neue Wohnung einhergeht, weiß, wie groß die Freude sein kann. Meine Eltern waren da keine Ausnahme, als sie 2021 endlich die Türen ihrer brandneuen Bleibe öffnen konnten.

Doch wie das Schicksal es manchmal will, wurde ihre Begeisterung jäh gebremst durch Technik, die so nutzerfern ist, als hätte sie sich entschlossen, in den Ruhestand zu gehen, und durch ein Benutzerhandbuch, das so schwer zu finden ist, als wäre es ein Mythos aus vergangenen Zeiten.

Ein Paradebeispiel für diese technologische Achterbahnfahrt sind die vier Lüfter, die scheinbar auf den höchsten Gipfeln des Mauerwerks thronen, als wären sie eigenständige Kunstwerke. Leider sind sie nicht nur hochgelegen, sondern auch fest verankert, als wollten sie die Flucht ergreifen, sobald die Bewohner nach Hilfe rufen. Und als ob das nicht genug wäre, wurde das „finishing“ der Lüfter so nachlässig gehandhabt, als hätte ein Künstler versucht, ein Meisterwerk mit geschlossenen Augen zu vollenden.

Die wahre Komödie beginnt jedoch, wenn man versucht, diese Lüfter zu bedienen. Der 7-Segment-LED und die Ein-/Aus-/Stufen-Taste sind direkt auf den Lüftern platziert, ohne auch nur den Hauch einer Fernbedienung.

Die kleine aus der Ferne nicht enzifferbare Ziffer des 7-Segment-LEDs

Meine Mutter, die mutig entschlossen ist, ihre Umgebung zu kontrollieren, hat sich zu einem wahren Meister der Improvisation entwickelt. Ihr Werkzeug der Wahl? Ein extra langer Kochlöffel – der einzige Schlüssel zur Macht über die Lüfterherrschaft.

Das kleine 7-Segment-LED mag Zahlen anzeigen, aber für meine Mutter ist es eher eine kryptische Botschaft, die nur von den Göttern der Technik entschlüsselt werden kann. Welche Stufe gerade eingestellt ist, bleibt ihr ein Rätsel, da sie sie aus der Ferne nicht erkennen kann. Aber hey, wer braucht schon klare Informationen, wenn man auch einfach nach Gefühl die Lüfterregler auf und ab bewegen kann?

In der Welt der User Experience gibt es keine Trennung zwischen Technik und Mensch. Ein gut durchdachtes Design sollte nicht nur verbinden, sondern auch eine Brücke schlagen zwischen den Menschen und der Technologie.

In diesem Sinne bleibt uns nur zu hoffen, dass künftige technologische Fortschritte weniger einem Hindernisparcours gleichen und mehr einem unterhaltsamen Spaziergang durch den Park der Anwenderfreundlichkeit werden. Möge der nächste Kochlöffel nur noch in der Küche seine wahre Bestimmung finden! Amen!

Die Lösung wäre eigenlich sehr einfach: Bluetooth oder Wifi (WLAN) + eine App für das Handy, oder noch einfacher und produktionsgünstiger: eine Fernbedienung.

Broken by Design: Wenn Software starr statt flexibel ist

Wenn es um Software (SOFT + ware) geht, liegt in ihrer Bezeichnung bereits eine grundlegende Erwartung: Sie sollte weich, verformbar, flexibel und anpassbar sein. Eine Software, die diese Eigenschaften vermissen lässt, gleicht eher einem starren Hardware-Produkt: Nicht einfach konfigurierbar und damit oft unbrauchbar, resultiert dies in kostspieligen Neuanschaffungen oder zeitaufwendigen Neuentwicklungen.

Als ich neulich zur Post ging, um eine Sendung abzuholen, fiel mir eine einfache, schnelle und praktische Lösung auf, die die Mitarbeiter der Post-Filiale gefunden hatten. Ich vermute, dass die (sogenannte) „Software“ des Info-Kiosks¹ entweder nicht lokal² konfigurierbar ist oder sich nicht schnell und einfach anpassen lässt. Andernfalls hätten die Mitarbeiter der Post-Filiale nicht zu Papier, Schere und Klebeband greifen müssen.

Höchstwahrscheinlich (meine persönliche Vermutung) wurde bereits in den frühen Phasen des Designs und der Entwicklung übersehen, das System konfigurierbar zu gestalten. Dies hätte es dem Personal vor Ort ermöglicht, Titel oder Text zu bearbeiten und Bilder auszutauschen.

1 Info-Kiosk: Auch bekannt als „digitales Kiosksystem“, „Touchscreen-Infostand“, „Self-Service-Terminal“, „interaktiver Informationsstand“ oder allgemein als Digital Signage bzw. Point-Of-Sale (kurz: POS) bezeichnet

2 Remote (von der Ferne über das Internet) durch dafür vorgesehene Personal zu konfigurieren bzw. aktualisieren

Blickführung, Layout, Ordnung & Orientierung

Wenn klickbare Elemente nicht sofort als solche erkennbar sind oder nicht logisch gruppiert werden, kann dies beim Benutzer zu Verwirrung führen und ihm die Orientierung erschweren.

Chaotisches durcheinander von Anzeige und flache Tasten eines Kühlschranks
Chaotisches durcheinander von Anzeige und flache Tasten eines Kühlschranks

Ein gutes Layout von Steuerpanels und grafischen Benutzeroberflächen ist essenziell für die Benutzerfreundlichkeit aus folgenden Gründen:

  1. Intuitive Bedienung: Ein logisch und klar strukturiertes Layout ermöglicht es dem Benutzer, Funktionen intuitiv zu finden und zu nutzen, ohne lange suchen zu müssen.
  2. Effizienz: Durch eine gezielte Blickführung können Bediener schneller auf Informationen und Funktionen zugreifen, was Zeit spart und Frustration verhindert.
  3. Vermeidung von Fehlern: Ein durchdachtes Layout reduziert das Risiko von Fehlbedienungen, da Steuerelemente und Informationen dort platziert sind, wo der Benutzer sie erwartet.
  4. Angenehme Nutzererfahrung: Ein harmonisches Design und eine gute Blickführung sorgen für eine positive Benutzererfahrung, da der Nutzer sich nicht überfordert oder irritiert fühlt.

In Kombination ermöglichen diese Punkte eine flüssige und fehlerfreie Interaktion mit der Benutzeroberfläche und tragen maßgeblich zur Zufriedenheit des Benutzers bei.

Das Beitragsbild, welches das Steuerpanel eines Kühlschranks zeigt, ist ein eindrucksvolles Beispiel für ein chaotisches Durcheinander von Tasten und Anzeigen, das den Betrachter völlig verwirrt und entmutigt. Ein Blick darauf lässt den Nutzer unweigerlich nach der Bedienungsanleitung greifen.

Weitere verwandte Artikel über Design (UI) und User Experience (UX)…

Das epische Abenteuer eines Linzer Wasserhahns: Wie ich fast zum Chirurgen wurde

In einem der berühmten Linzer Cafés, das ich während meines Besuchs für die WikiCon 2023 besuchte, führte mich ein dringendes Bedürfnis in das stillste Örtchen des Etablissements. Doch was ich dort erlebte, war alles andere als still.

Beim Händewaschen wurde ich von einem modernen Wunderwerk der Sanitärtechnik begrüßt. Ein Wasserhahn, der nicht nur durch Infrarot-Sensoren gesteuert wurde, sondern auch gleichzeitig ein Händetrockner war.

Moderne Sanitärtechnik - Wasserhan, Handtrockner und Seifenspender zu nah beinander
Moderne Sanitärtechnik – Wasserhan, Handtrockner und Seifenspender zu nah beinander

Einmal die Hände in der Mitte drunter – Wasser marsch! Ein kleiner Schwenk nach außen und – heiße Luft statt kühlem Nass! Das alleine wäre ja noch kein Drama gewesen, aber der benachbarte Flüssigseifenspender hatte offenbar seine ganz eigenen Pläne. Mit meiner rechten Hand wollte ich nur etwas Seife aus dem Spender holen. Und während ich dachte, ich würde lediglich eine gewöhnliche Flüssigseife erhalten, bekam ich scheinbar das schmierigste Substrat dieser Erde serviert.
Ein Seifen-Albtraum! Jedes Mal, wenn ich versuchte, Wasser zu bekommen, pustete der Händetrockner mir entgegen. Und wollte ich die Seife abwaschen, bekam ich vom spendablen Seifenspender gleich noch eine Runde obendrauf.

Es war ein Tanz, ein Duell, ein Spiel, das ich nicht gewinnen konnte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich scheinbar mit der Sanitärtechnik des 22. Jahrhunderts kämpfte, konnte ich endlich den Waschraum verlassen. Meine Freunde im Gastgarten hatten sich schon Sorgen gemacht. Doch als ich mit strahlend sauberen Händen zurückkehrte, meinte einer von ihnen schmunzelnd: „Mit diesen Händen könntest du jetzt locker ein Gehirn operieren.“ Wenn er nur wüsste!

Moral der Geschichte: Bei der Gestaltung von grafischen Benutzeroberflächen (GUI) sollten Steuerelemente, die in Kategorie, Gruppierung oder Kontext zusammenhängen, nah beieinander platziert werden. Doch wenn sie zu nah aneinander geraten, kann das Ergebnis völlig anders ausfallen, als beabsichtigt. So wie bei meinem Duell mit dem modernsten Wasserhahn Linz‘, kann auch in der Software-Welt ein zu dichtes Design zum chaotischen Erlebnis führen.

Dazu empfehle ich meinen Artikel über GUI Design (UI) und User Experience (UX) „User Interface Agoraphobie„.

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Das Küchenmesser als Analogie für UI und UX

Ein gut gestaltetes Layout und eine effektive grafische Benutzeroberfläche (GUI) für eine Anwendung können verglichen werden mit einem Küchenmesser inklusiver Griff. Dadurch wird es:

  • intuitiv: Nutzer wissen sofort, wie es zu verwenden ist (Worauf soll ich klicken?…).
  • sicher: Es minimiert Verletzungsrisiken (Falsche/Verkehrte Dateneingabe, doppelte Einträge, unabsichtliches Löschen von Daten,…).
  • handlich: Es liegt gut in der Hand (Es macht Spaß damit zu arbeiten…).
  • effizient: Man kann präzise und schnell schneiden (Was muss ich als Nächstes anklicken?…).
  • stabil: Es rutscht nicht aus der Hand (Ohje! Muss ich alles nochmal eingeben? Warum funktioniert es diesmal nicht?…).
  • klar: Es bedarf keiner langen Erklärung (die Dokumentation nicht wirklich notwendig, oder wenn es wegen ISO Standards udg. es sein muss, kann auf ein Screenshot und/oder die Erwähnung plus kurzer Tooltip-Text reduziert werden).

Selbst die fortschrittlichste Anwendung verliert an Wert, wenn sie nicht einfach und intuitiv zu bedienen ist, da sie dann selten und ungern genutzt wird.

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UI-Agoraphobie (UX)

Obwohl viele Softwareentwickler:innen nicht an Agoraphobie leiden, zeigen sie dennoch eine Scheu vor leeren Flächen in ihren Anwendungsfenstern. Sie neigen dazu, jeden Dialog und jedes Fenster lückenlos mit Schaltflächen, Optionsfeldern und Textfeldern auszufüllen. Zwar kann dadurch möglicherweise ein zusätzliches Fenster oder ein weiterer Dialog eingespart werden, doch zwingt dies den Kundenservice dazu, wiederholt ähnliche Fragen von Benutzern zu beantworten.

Ein überfrachtetes Fenster oder Dialog mit zahlreichen UI-Elementen kann bei den Benutzer:innen das Gefühl hervorrufen, einem Hai im dichten Fischschwarm gleichzukommen: Orientierungslosigkeit dominiert.

Wenn Sie Ihre Software vorstellen und die Reaktion darauf ein verständnisloses Stirnrunzeln ist – ein stilles „Oh Gott!“ oder im österreichischen Dialekt „Na servas!“ oder „Bist du narrisch!“ – dann haben Sie vermutlich zu viele Bedienelemente in den verfügbaren Raum gepresst.

Seien Sie mutig und gestalten Sie die Benutzeroberfläche (GUI) klar und übersichtlich. Verhindern Sie, dass Nutzer:innen bereits beim ersten Anblick resignieren, unsicher sind und nicht wissen, wo und wie sie beginnen sollen.

Farbkontraste & User Experience (UX)

Farbkontraste helfen, Dinge leichter und schneller zu erkennen.

Falls die Farbwahl nicht optimal ist, fällt es den Benutzer:innen/Betrachter:innen schwer, Details zu erkennen, wodurch sie Elemente übersehen könnten und schneller ermüden. Dies liegt daran, dass die Augenmuskulatur stärker beansprucht wird. Im nachstehenden Beispiel ist das Optionsfeld kaum wahrnehmbar, da das Kästchen erst nach dem Aktivieren sichtbar wird.

Ubuntu Dark Theme – Firefox Add-on installation – vor dem Einchecken
Ubuntu Dark Theme – Firefox Add-on Installation – nach dem Einchecken ist das Optionsfeld gut erkennbar

Die Sprechblase/Der Tooltip

Neulich müsste ich etwas scannen, und leider müsste ich die Einstellungen des Scanners anpassen. Dabei fiel mir die Schaltfläche „Standard“ auf. Ich positionierte den Mauszeiger darauf, in der Hoffnung der Text in der Sprechblase wurde dessen Funktion etwas genauer erklären …

Was macht diese Schaltfläche? Wo ist die Sprechblase?

Leider wurde keine Sprechblase eingeblendet, und ich zögerte, darauf zu klicken, weil ich befürchtete, alle Einstellungen erneut vornehmen zu müssen.

Die Sprechblase stellt die direkteste und einfachste Verbindung zwischen dem Nutzer und der Dokumentation dar.

Ein informativer Tooltip spart dem Nutzer den Griff zur gedruckten oder digitalen Dokumentation und die anschließende Suche nach einer Erklärung.

Ist die Information über die Funktion einer Benutzeroberfläche (UI) treffend formuliert, erspart sie dem Nutzer:

  • Das Durchsuchen von Benutzerhandbüchern oder PDF-Dateien,
  • Die gezielte Suche nach der Erklärung der betreffenden UI-Funktion (Auf welcher Seite? In welchem Kapitel?),
  • Den Verlust von Konzentration und den Abbruch seines ursprünglichen Vorhabens.

Oft sind sich Nutzer nicht sicher, und eine kurze und klare Tooltip-Information kann dem Nutzer das nötige Vertrauen geben, seine Aktion fortzusetzen, oder ihn davon abhalten, einen möglichen Fehler zu begehen.

Der Tooltip sollte möglichst kurz sein, und nicht versuchen die Dokumentation zu ersetzen.

Flat Design: Houston, we’ve got no Signal!

Die Sonne ist über uns, also oben. Deswegen entsteht der Schatten nach unten.
Siehe Schatten von Bäumen, Berge, Häuser, Autos, Menschen.
Alle 3D Objekte in der realen Welt, die man drücken, ziehen, pressen, schieben oder draufhauen kann, werfen einen … was? Dreimal dürft ihr raten!

Warum die Leute in Redmond den Flat Design ohne Schatten und somit ohne Signalwirkung damals, bei Windows 7 gewählt haben, ist mir bis heute ein Rätsel.
Zum Beispiel hier: „Herunterladen und installieren“ wird genauso flach, grau, ohne Schatten dargestellt wie so ziemlich alles andere auch:

Verwaiste UI Elemente

Definition: Verwaiste UI Elemente sind grafische Benutzersteuerungs-Elemente, wie Textfelder, Check-Kästchen, Optionsfelder udg., die jedoch keine Funktion/Wirkung haben.

Verwaiste UI Elemente haben in einem Produktionssystem nichts verloren. Diese zeigen einem aufmerksamen Anwender, dass:

  1. Herumgebastelt wurde
  2. Die Software nicht fertiggemacht wurde
  3. Die Software-Funktion nicht gründlich überlegt wurde
  4. Die Software nicht getestet wurde
  5. Dem Produzenten es völlig egal ist, was die Anwender/Kunden von ihm und sein Produkt (die Software) halten
  6. Welche Wertschätzung der Produzent seine Anwender/Kunden entgegenbringt (Folgerung aus Punkt 5)

Zudem verwirren die verwaiste UIs den Anwender, erzeugen in seinem Kopf unnötige Fragen, machen ihm unsicher und halten ihn unnötig auf. Seine Blickführung ist gestört (seine Augen stolpern über das verwaiste UI Element).

Rechtschreibfehler & User Experience (UX)

Würden Sie ein Auto der Marke „PNW“ kaufen?

Niemand ist fehlerfrei.

Ich mache gelegentlich Fehler – insbesondere in der Rechtschreibung, nicht zu vergessen Verwechslungen von Kasus oder das Auslassen von Artikeln.

In einem Software-System, abhängig von seiner Komplexität, können Rechtschreibfehler auftreten. Aber was geht einem aufmerksamen Nutzer durch den Kopf, wenn solche Fehler gehäuft vorkommen?

  1. Die Software befindet sich noch in einer frühen Entwicklungsphase.
  2. Niemand hat sich die Zeit genommen, das Produkt gründlich zu überprüfen.
  3. Die Software wurde gar nicht getestet oder angeschaut.
  4. Schlussfolgerung aus den Punkten 1 bis 3: Ein unfertiges Produkt wurde verkauft.
  5. Schlussfolgerung erweiternd auf Punkt 4: Dem Softwarehersteller liegt die Qualität seines Produktes nicht am Herzen.
  6. Schlussfolgerung ergänzend zu Punkt 5: Dem Hersteller ist es gleichgültig, welchen Eindruck die Nutzer aufgrund der vielen Fehler erhalten.
  7. Schlussfolgerung fortsetzend zu Punkt 6: Der Hersteller misst der Meinung seiner Kunden keine Bedeutung bei.

Würden Sie ein „PMW“ erwerben? Und wenn nicht, warum eigentlich nicht?

User Experience & Pareto-Prinzip

Für zahlreiche Webseiten ist ein Konto erforderlich.
Zur Kontoerstellung werden in der Regel eine E-Mail-Adresse und ein Passwort verlangt.
Nach der erfolgreichen Registrierung können Sie sich jederzeit an- und abmelden.

Beachten Sie: Die Registrierung erfolgt nur einmal, während das Anmelden bei Bedarf wiederholt werden kann.

Nach Pareto-Prinzip (20-80 oder 20 % – 80 % Regel) würde dies heißen:

  1. Man registriert sich in höchstens 20 % der Fälle (= A)
  2. Anmelden tut man sich dann in mindestens 80 % der Fälle (= B)

Somit wären die UI Elemente für das Anmelden (= B) wichtiger als für das (einmalig) Registrieren (= A)

Vergleichen wir nun LinkedIn.com mit Xing.com:
Welche der beiden Webseiten legt durch Position und Größe mehr Wert auf die Relevanz (entsprechend der Nutzungshäufigkeit)? Und bei welcher Seite, basierend auf Steve Krugs Prinzipien, klickt man fast intuitiv und ohne großes Zögern korrekt?

Xing.com: Anmeldung hat mehr Raum und fällt sofort auf

LinkedIn.com: Registrierung hat mehr Raum und fällt sofort auf